Krankheitsspezifische Regelungen: Hämophilie

Aktueller Status:

Die Konkretisierung zur Hämophilie wurde am 22.03.2019 vom G-BA beschlossen und ist am 04.07.2019 in Kraft getreten. Der Beschlusstext ist beim G-BA abrufbar.


Patientenzugang:

Die Konkretisierung umfasst die Diagnostik und Behandlung von Patienten mit Hämophilie. Zur Gruppe der Patienten mit Hämophilie im Sinne der Richtlinie zählen Patienten mit folgenden hereditären oder erworbenen Faktormangelzuständen und sonstigen Koagulopathien, sofern sie mit einer dauerhaft behandlungsbedürftigen Hypokoagulabilität verbunden sind:

  • D66 Hereditärer Faktor-VIII-Mangel
  • D67 Hereditärer Faktor-IX-Mangel
  • D68.0- Willebrand-Jürgens-Syndrom
  • D68.1 Hereditärer Faktor-XI-Mangel
  • D68.2- Hereditärer Mangel an sonstigen Gerinnungsfaktoren
  • D68.31 Hämorrhagische Diathese durch Vermehrung von Antikörpern gegen Faktor VIII
  • D68.32 Hämorrhagische Diathese durch Vermehrung von Antikörpern gegen sonstige Gerinnungsfaktoren
  • D68.38 Sonstige hämorrhagische Diathese durch sonstige und nicht näher bezeichnete Antikörper
  • D68.4 Erworbener Mangel an Gerinnungsfaktoren
  • D68.8 Sonstige näher bezeichnete Koagulopathien
  • D69.1 Qualitative Thrombozytendefekte

Die ASV-Aufnahme des Patienten setzt eine Überweisung durch einen Vertragsarzt voraus. Für Patienten aus dem stationären Bereich eines ASV-berechtigten Krankenhauses besteht keine Überweisungserfordernis; dasselbe gilt für Patienten von ASV-berechtigten Vertragsärzten. Die Überweisung kann auch aufgrund einer Verdachtsdiagnose erfolgen.


Behandlungsumfang und Abrechnung:

Die für ASV-Patienten mit Hämophilie abrechenbaren Leistungen wurden durch den Gemeinsamen Bundesausschuss abschließend definiert (sog. „Appendix). Der Appendix kann hier abgerufen werden.
Die Vergütung dieser Leistungen erfolgt als Einzelleistungen (kein Budget) zunächst zum jeweils regional gültigen Orientierungspunktwert, der bei der zuständigen KV angefragt werden kann.

Mehr zum Thema Behandlungsumfang und Abrechnung.


Voraussetzung für Vertragsärzte und Krankenhäuser:

Um im Bereich Hämophilie ambulant spezialfachärztlich tätig zu werden, ist eine Berechtigung notwendig, die durch Anzeige beim zuständigen Erweiterten Landesausschuss erworben werden kann. Dazu sind u.a. folgende Punkte nachzuweisen:

  • Personelle Anforderungen:
    • Tätigkeit in einem interdisziplinären Behandlungsteam (Zusammensetzung siehe unten)
    • Erfüllung von Qualitätsanforderungen von Qualitätsvereinbarungen nach § 135 Abs. 2 SGB V, sofern diese für Leistungen des Behandlungsumfangs zutreffen
  • Prozessuale Voraussetzungen:
    • Zusammenarbeit mit sozialen Diensten, Physiotherapeuten (keine vertragliche Vereinbarung notwendig)
    • Zusammenarbeit mit Zahnmedizinern (mit vertraglicher Vereinbarung)
    • 24-Stunden-Notfallversorgung mindestens in Form einer Rufbereitschaft von einem der folgenden Ärzte:
      • Innere Medizin und Hämatologie und Onkologie mit Zusatz-Weiterbildung Hämostaseologie
      • Innere Medizin mit Zusatz-Weiterbildung Hämostaseologie
      • Transfusionsmedizin mit Zusatz-Weiterbildung Hämostaseologie.

Die 24-Stunden-Notfallversorgung umfasst auch Notfall-Labor und im Notfall erforderliche bildgebende Diagnostik. Folgende räumliche und technische Ausstattung muss vorgehalten werden: permanente Verfügbarkeit von Gerinnungspräparaten.


Interdisziplinäres Team:

Ein Team der folgenden Zusammensetzung ist Voraussetzung für die ASV-Berechtigung im Bereich Hämophilie:

  • Teamleitung:
    • Innere Medizin mit Zusatz-Weiterbildung Hämostaseologie oder
    • Innere Medizin und Hämatologie und Onkologie mit Zusatz-Weiterbildung Hämostaseologie oder
    • Transfusionsmedizin mit Zusatz-Weiterbildung Hämostaseologie

Sofern Kinder und Jugendliche behandelt werden, kann alternativ ein Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin mit Zusatz-Weiterbildung Hämostaseologie benannt werden.

  • Kernteam:
    • Zusätzlich zur Teamleitung mindestens ein weiterer Facharzt mit Zusatz-Weiterbildung Hämostaseologie:
    • Innere Medizin oder
    • Innere Medizin und Hämatologie und Onkologie oder
    • Transfusionsmedizin
    • Orthopädie und Unfallchirurgie

Sofern die Teamleitung ein Facharzt für Transfusionsmedizin mit Zusatz-Weiterbildung Hämostaseologie ist, muss mindestens ein weiterer Facharzt mit Zusatz-Weiterbildung Hämostaseologie und der Facharztweiterbildung Innere Medizin oder Innere Medizin und Hämatologie und Onkologie Teil des Kernteams sein.

Sofern Kinder und Jugendliche behandelt werden, ist zusätzlich ein Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin mit Zusatz-Weiterbildung Hämostaseologie zu benennen. Falls kein Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin mit der genannten Zusatz-Weiterbildung verfügbar ist, ist ein Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin zu benennen.

  • Hinzuzuziehende Fachärzte:
    • Allgemeinchirurgie
    • Frauenheilkunde und Geburtshilfe
    • Hals-Nasen-Ohrenheilkunde
    • Humangenetik
    • Innere Medizin und Gastroenterologie (sofern nicht im Kernteam vertreten)
    • Laboratoriumsmedizin
    • Psychiatrie und Psychotherapie oder Psychosomatische Medizin und Psychotherapie oder psychologische oder ärztliche Psychotherapeutin oder psychologischer oder ärztlicher Psychotherapeut
    • Radiologie

Sofern Kinder und Jugendliche behandelt werden, kann zusätzlich ein Facharzt für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie oder ein Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut oder ein Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin mit Zusatz-Weiterbildung Kinder-Gastroenterologie als Teammitglied benannt werden.

Mehr zum Interdisziplinären Team in der ASV


Mindestmengen:

Das Kernteam muss mindestens 30 Patientinnen und Patienten mit schwerer Hämophilie (F VIII bzw. F IX < 1 % sowie Willebrand-Jürgens-Syndrom mit dauerhaft behandlungsbedürftiger Hypokoagulabilität) mit gesicherter Diagnose behandeln. Für die Berechnung der Mindestmenge ist die Summe aller Patienten in den jeweils zurückliegenden vier Quartalen maßgeblich, die zu der in dieser Konkretisierung näher bezeichneten Erkrankung zu rechnen sind und von den Mitgliedern des Kernteams im Rahmen der ambulanten oder stationären Versorgung, der integrierten Versorgung nach § 140a SGB V oder einer sonstigen, auch privat finanzierten Versorgungsform behandelt wurden. Die Mindestmengen sind über den gesamten Zeitraum der ASV-Berechtigung zu erfüllen. In den zurückliegenden vier Quartalen vor Anzeige der Leistungserbringung beim erweiterten Landesausschuss müssen mindestens 50 Prozent der oben genannten Anzahl von Patientinnen und Patienten behandelt worden sein. Die Mindestbehandlungszahlen können im ersten Jahr der ASV-Berechtigung höchstens um 50 Prozent unterschritten werden.