Krankheitsspezifische Regelungen: Neuromuskuläre Erkrankungen

Aktueller Status:

Die Konkretisierung zu den neuromuskulären Erkrankungen wurde am 17.12.2020 vom G-BA beschlossen und ist am 06.05.2021 in Kraft getreten.

Richtlinie beim GBA abrufen
Musterdokumente und Vorlagen für die ASV-Teilnahme (nur für Mitglieder)


Patientenzugang:

Die Konkretisierung umfasst die Diagnostik und Behandlung von Patientinnen und Patienten mit neuromuskulären Erkrankungen. Zur Gruppe der Patientinnen und Patienten mit neuromuskulären Erkrankungen im Sinne der Richtlinie zählen Patientinnen und Patienten mit folgenden Erkrankungen:

  • G12.- Spinale Muskelatrophie und verwandte Syndrome
  • G14 Postpolio-Syndrom
  • G60.- Hereditäre und idiopathische Neuropathie
  • G61.- Polyneuritis
  • G70.- Myasthenia gravis und sonstige neuromuskuläre Krankheiten
  • G71.- Primäre Myopathien
  • G72.3 Sonstige Myopathien: Periodische Lähmung
  • G72.4 Entzündliche Myopathie, anderenorts nicht klassifiziert
  • G72.88 Sonstige näher bezeichnete Myopathien
  • G73.0* Myastheniesyndrome bei endokrinen Krankheiten
  • G73.1* Lambert-Eaton-Syndrom
  • G73.2* Sonstige Myastheniesyndrome bei Neubildungen
  • G73.3* Myastheniesyndrome bei sonstigen anderenorts klassifizierten Krankheiten
  • G73.4* Myopathie bei anderenorts klassifizierten infektiösen und parasitären Krankheiten
  • G73.5* Myopathie bei endokrinen Krankheiten
  • G73.6* Myopathie bei Stoffwechselkrankheiten
  • M33.- Dermatomyositis-Polymyositis
  • M36.0* Dermatomyositis-Polymyositis bei Neubildungen (bei C00-D48†)
  • M60.1- Interstitielle Myositis

Die ASV-Aufnahme des Patienten setzt eine Überweisung durch einen Vertragsarzt voraus. Für Patienten aus dem stationären Bereich eines ASV-berechtigten Krankenhauses besteht keine Überweisungserfordernis; dasselbe gilt für Patienten von ASV-berechtigten Vertragsärzten.  Die Überweisung kann auch aufgrund einer Verdachtsdiagnose erfolgen.


Behandlungsumfang und Abrechnung:

Die für ASV-Patienten mit neuromuskulären Erkrankungen abrechenbaren Leistungen wurden durch den Gemeinsamen Bundesausschuss abschließend definiert (Liste abrechenbarer EBM-Leistungen sowie von noch nicht im EBM aufgenommenen Leistungen – sog. „Appendix). Diese Liste ist hier abrufbar (Beschlusstext, Seite 6 ff.).
Die Vergütung dieser Leistungen erfolgt als Einzelleistungen (kein Budget) zunächst zum jeweils regional gültigen Orientierungspunktwert, der bei der zuständigen KV angefragt werden kann.

Mehr zum Thema Behandlungsumfang und Abrechnung


Voraussetzung für Vertragsärzte und Krankenhäuser:

Um im Bereich neuromuskuläre Erkrankungen ambulant spezialfachärztlich tätig zu werden, ist eine Berechtigung notwendig, die durch Anzeige beim zuständigen Erweiterten Landesausschuss erworben werden kann. Dazu sind u.a. folgende Punkte nachzuweisen:

  • Personelle Anforderungen:
    • Tätigkeit in einem interdisziplinären Behandlungsteam (Zusammensetzung siehe unten)
    • Erfüllung von Qualitätsanforderungen von Qualitätsvereinbarungen nach § 135 Abs. 2 SGB V, sofern diese für Leistungen des Behandlungsumfangs zutreffen
  • Prozessuale Voraussetzungen:
    • Zusammenarbeit mit sozialen Diensten wie z.B. Sozialdienst oder vergleichbare Einrichtungen mit sozialen Beratungsangeboten,  Ergotherapie, Stimm-, Sprech- und Sprachtherapie (Logopädie), Physikalische Therapie, ambulanten Pflegediensten zur häuslichen Krankenpflege (möglichst mit besonderen Kenntnissen im Umgang mit Trachealkanülen und PEG-Sonden)
  • Infrastrukturelle Voraussetzungen: 
    • 24-Stunden-Notfallversorgung mindestens in Form einer Rufbereitschaft von einer bzw. einem der folgenden Ärzten:
      • Neurologie
      • Innere Medizin und Kardiologie
      • Innere Medizin und Pneumologie

Die 24-Stunden-Notfallversorgung umfasst auch Notfall-Labor und im Notfall erforderliche bildgebende Diagnostik. Notfallpläne (SOP) und für Reanimation und sonstige Notfälle benötigte Geräte und Medikamente für typische Notfälle bei der Behandlung von Patientinnen und Patienten mit den in Nummer „1 Konkretisierung der Erkrankung“ genannten Indikationsgruppen bereitgehalten werden.


Interdisziplinäres Team:

Ein Team der folgenden Zusammensetzung ist Voraussetzung für die ASV-Berechtigung im Bereich neuromuskuläre Erkrankungen:

  • Teamleitung:
    • Neurologie

Sofern Kinder und Jugendliche behandelt werden kann alternativ auch eine Fachärztin oder ein Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin mit Schwerpunkt Neuropädiatrie benannt werden.

  • Kernteam:
    • Innere Medizin und Kardiologie
    • Innere Medizin und Pneumologie
    • Neurologie

Sofern Kinder und Jugendliche behandelt werden, ist zusätzlich ein Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin mit Schwerpunkt Neuropädiatrie oder  ein Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin mit Schwerpunkt Kinder- und Jugend-Kardiologie oder ein Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin mit Zusatz-Weiterbildung Kinder- und Jugend-Pneumologie zu benennen.

  • Hinzuzuziehende Fachärzte:
    • Augenheilkunde
    • Humangenetik
    • Innere Medizin und Gastroenterologie
    • Innere Medizin und Rheumatologie
    • Laboratoriumsmedizin
    • Neuropathologie
    • Nuklearmedizin
    • Orthopädie und Unfallchirurgie
    • Pathologie, sofern die Facharztgruppe Neuropathologie nicht über die erforderliche pathologische Expertise oder Ausstattung für die unter Nummer 1 der Konkretisierung genannten Erkrankungen verfügt
    • Psychiatrie und Psychotherapie oder Psychosomatische Medizin und Psychotherapie oder Psychologische oder ärztliche Psychotherapeutin oder Psychologischer oder ärztlicher Psychotherapeut
    • Radiologie

Sofern Kinder und Jugendliche behandelt werden, kann zusätzlich ein Facharzt für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie oder ein Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut oder ein Facharzt für Kinder- und Jugendchirurgie mit Zusatz-Weiterbildung Kinder- und Jugend-Orthopädie oder ein Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin mit Zusatz-Weiterbildung Kinder- und Jugend-Gastroenterologie oder ein Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie mit Zusatz-Weiterbildung Kinder- und Jugend-Orthopädie oder ein Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin mit Zusatz-Weiterbildung Kinder- und Jugend-Rheumatologie benannt werden.

Mehr zum Interdisziplinären Team in der ASV


Mindestmengen:

Das Kernteam muss mindestens 50 Patientinnen und Patienten der in „Patientenzugang“ genannten Indikationsgruppen mit Verdachts- oder gesicherter Diagnose behandeln. Für die Berechnung der Mindestmenge ist die Summe aller Patientinnen und Patienten in den jeweils zurückliegenden vier Quartalen maßgeblich, die zu der in dieser Konkretisierung näher bezeichneten Erkrankung zu rechnen sind und von den Mitgliedern des Kernteams im Rahmen der ambulanten oder stationären Versorgung, der integrierten Versorgung nach § 140a SGB V oder einer sonstigen, auch privat finanzierten Versorgungsform behandelt wurden. Die Mindestmengen sind über den gesamten Zeitraum der ASV-Berechtigung zu erfüllen. In den zurückliegenden vier Quartalen vor Anzeige der Leistungserbringung beim erweiterten Landesausschuss müssen mindestens 50 Prozent der oben genannten Anzahl von Patientinnen und Patienten behandelt worden sein. Die Mindestbehandlungszahlen können im ersten Jahr der ASV-Berechtigung höchstens um 50 Prozent unterschritten werden.