Krankheitsspezifische Regelungen: Tumoren der Lunge und des Thorax

Aktueller Status:

Am 19. Dezember 2019 wurde die Konkretisierung zu Tumoren der Lunge und des Thorax im GBA beschlossen. Sie ist am 7. April 2020 in Kraft getreten.
Der Beschlusstext ist beim G-BA abrufbar.


Patientenzugang:

Die ASV in diesem Bereich umfasst die Diagnostik und Behandlung von Patientinnen und Patienten mit Tumoren der Lunge und des Thorax ab dem vollendeten 18. Lebensjahr. Das bedeutet, es ist entweder als Primärtherapie oder als adjuvante oder neoadjuvante Therapie eine Strahlentherapie und/oder systemische medikamentöse Tumortherapie indiziert, die einer interdisziplinären oder komplexen Versorgung oder einer besonderen Expertise oder Ausstattung bedarf.

Zur Gruppe der Patientinnen und Patienten mit Tumoren der Lunge und des Thorax im Sinne der Richtlinie zählen Patientinnen und Patienten mit folgenden Erkrankungen:

  • C33 Bösartige Neubildung der Trachea
  • C34.- Bösartige Neubildung der Bronchien und der Lunge
  • C37.- Bösartige Neubildung des Thymus
  • C38.- Bösartige Neubildung des Herzens, des Mediastinums und der Pleura
  • C39.- Bösartige Neubildung sonstiger und ungenau bezeichneter Lokalisationen des Atmungssystems und sonstiger intrathorakaler Organe
  • C45.0 Mesotheliom der Pleura
  • C45.2 Mesotheliom des Perikards
  • C47.3 Bösartige Neubildung der peripheren Nerven und des autonomen Nervensystems, Periphere Nerven des Thorax
  • C49.3 Bösartige Neubildung sonstigen Bindegewebes und anderer Weichteilgewebe, Bindegewebe und andere Weichteilgewebe des Thorax
  • C75.5 Bösartige Neubildung sonstiger endokriner Drüsen und verwandter Strukturen, Glomus aorticum und sonstige Paraganglien
  • C76.1 Bösartige Neubildung sonstiger und ungenau bezeichneter Lokalisationen, Thorax
  • C76.8 Bösartige Neubildung sonstiger und ungenau bezeichneter Lokalisationen, Sonstige und ungenau bezeichnete Lokalisationen, mehrere Teilbereiche überlappend
  • C80.0 Bösartige Neubildung, primäre Lokalisation unbekannt, so bezeichnet

Behandlungsumfang und Abrechnung:

Die abrechenbaren Leistungen wurden durch den Gemeinsamen Bundesausschuss abschließend definiert (sog. „Appendix). Den Appendix finden Sie im Beschlusstext ab Seite 9

Darüber hinaus wurden weitere Leistungen in den Behandlungsumfang aufgenommen, die bislang noch nicht Bestandteil des EBM sind:

  • PET; PET/CT (mit radioaktiven Somatostatin-Rezeptor-Liganden) bei neuroendokrinen Tumoren oder auch mit F-18-Fluorodesoxyglukose bei bösartigen Neubildungen der thorakalen Neuralleiste (Paragangliome) zur Ausbreitungsdiagnostik vor einer kurativ intendierten Behandlung oder zur Rezidivdiagnostik oder zur Erhebung des Rezeptorstatus vor nuklearmedizinischer Therapie
  • PET; PET/CT (mit F-18-Fluorodesoxyglukose) bei Mesotheliom der Pleura oder des Perikards zur Ausbreitungsdiagnostik vor einer kurativ intendierten Behandlung oder zur Rezidivdiagnostik
  • PET; PET/CT (mit F-18-Fluorodesoxyglukose oder radioaktiven Somatostatin-Rezeptor-Liganden) bei bösartigen Neubildungen des Thymus zur Ausbreitungsdiagnostik vor einer kurativ intendierten Behandlung oder Rezidivdiagnostik
  • PET; PET/CT (mit F-18-Fluorodesoxyglukose) bei bösartiger Neubildung des Mediastinums oder der Pleura zur Ausbreitungsdiagnostik vor einer kurativ intendierten Behandlung oder zur Rezidivdiagnostik
  • PET; PET/CT (mit F-18-Fluorodesoxyglukose) bei bösartiger Neubildung des thorakalen Binde- und Weichteilgewebes (zum Beispiel Sarkome) zur Ausbreitungsdiagnostik vor einer kurativ intendierten Behandlung oder zur Rezidivdiagnostik
  • Zusätzlicher Aufwand für die Koordination der Behandlung einer Patientin oder eines Patienten mit Tumoren der Lunge und des Thorax unter tumorspezifischer, insbesondere zytostatischer Therapie (entsprechend der Kostenpauschale 86512 der Onkologie-Vereinbarung (Anlage 7 BMV-Ärzte))
  • Zusätzlicher Aufwand für die intravenös oder intraarteriell oder intracavitär applizierte zytostatische Tumortherapie (entsprechend der Kostenpauschalen 86514 bzw. 86516 der Onkologie-Vereinbarung (Anlage 7 BMV-Ärzte))
  • Zusätzlicher Aufwand für die Palliativversorgung bei progredientem Verlauf der Krebserkrankung nach Abschluss einer systemischen Chemotherapie oder Strahlentherapie einer Patientin oder eines Patienten ohne Aussicht auf Heilung, insbesondere für die Durchführung eines standardisierten palliativmedizinischen Basisassessments (PBA) zu Beginn der Palliativbehandlung und die Überleitung des Patienten in die vertragsärztliche Versorgung oder weitere Versorgungsformen (zum Beispiel Hospize, SAPV)
  • Zusätzlicher Aufwand für die Palliativversorgung bei progredientem Verlauf der Krebserkrankung nach Abschluss einer systemischen Chemotherapie oder Strahlentherapie einer Patientin bzw. eines Patienten ohne Aussicht auf Heilung, insbesondere für die Überleitung des Patienten in die vertragsärztliche Versorgung oder weitere Versorgungsformen (zum Beispiel Hospize, SAPV)
  • Zusätzlicher Aufwand für die orale zytostatische Tumortherapie (entsprechend der Kostenpauschale 86520 der Onkologie-Vereinbarung (Anlage 7 BMV-Ärzte))
    Beobachtung und Betreuung bei (Radio-) Chemotherapie für Strahlentherapeut (analog der Zusatzpauschalen für Beobachtung und Betreuung im EBM)

Die Vergütung erfolgt als Einzelleistungen (kein Budget) zum jeweils regional gültigen Orientierungspunktwert, der bei der zuständigen KV angefragt werden kann.

Mehr zum Thema Behandlungsumfang und Abrechnung.


Voraussetzung für Vertragsärzte und Krankenhäuser:

Um im Bereich der Lungen- und Thoraxtumoren ambulant spezialfachärztlich tätig zu werden, ist eine Berechtigung notwendig, die durch Anzeige beim zuständigen Erweiterten Landesausschuss erworben werden kann. Dazu sind u.a. folgende Punkte nachzuweisen:

  • Personelle Anforderungen:
    • Tätigkeit in einem interdisziplinären Behandlungsteam (Zusammensetzung siehe unten)
    • Erfüllung von Qualitätsanforderungen von Qualitätsvereinbarungen nach § 135 Abs. 2 SGB V, sofern diese für Leistungen des Behandlungsumfangs zutreffen
    • Mindestmengen:
      • Das Kernteam muss mindestens 70 Patientinnen oder Patienten mit gesicherter Diagnose behandeln. Für die Berechnung der Mindestmenge ist die Summe aller Patientinnen und Patienten in den jeweils zurückliegenden vier Quartalen maßgeblich, die zu der in dieser Konkretisierung näher bezeichneten Erkrankung zu rechnen sind und von den Mitgliedern des Kernteams im Rahmen der ambulanten oder stationären Versorgung, der integrierten Versorgung nach § 140a SGB V oder einer sonstigen, auch privat finanzierten Versorgungsform behandelt wurden.
      • Das Kernteam muss darüber hinaus zur Durchführung der tumorspezifischen Leistungen als zusätzliche Zulassungsvoraussetzung eines der folgenden Kriterien erfüllen:
      • Mindestens eine Fachärztin oder ein Facharzt für Innere Medizin und Hämatologie und Onkologie muss die Betreuung von durchschnittlich 120 Patientinnen und Patienten mit soliden oder hämatologischen Neoplasien pro Quartal und Ärztin oder Arzt, darunter 70 Patientinnen und Patienten, die mit medikamentöser Tumortherapie behandelt werden, davon 30 mit intravenöser oder intrakavitärer oder intraläsionaler Behandlung nachweisen oder mindestens eine Fachärztin oder ein Facharzt einer anderen Arztgruppe des Kernteams muss die Betreuung von durchschnittlich 80 Patientinnen und Patienten mit soliden Neoplasien pro Quartal und Ärztin oder Arzt, darunter 60 Patientinnen und Patienten, die mit antineoplastischer Therapie behandelt werden, davon 20 mit intravenöser oder intrakavitärer antineoplastischer oder intraläsionaler Behandlung nachweisen.
      • Für die Berechnung der arztbezogenen Mindestmengen (120 / 70 / 30 oder 80 / 60 / 20) ist die Summe aller im Rahmen der ambulanten oder stationären Versorgung, der integrierten Versorgung nach § 140a SGB V oder einer sonstigen, auch privat finanzierten Versorgungsform behandelten Patientinnen und Patienten in den jeweils zurückliegenden vier Quartalen heranzuziehen.
      • Die Mindestmengen sind über den gesamten Zeitraum der ASV-Berechtigung zu erfüllen.
      • In den zurückliegenden vier Quartalen vor Anzeige der Leistungserbringung beim erweiterten Landesausschuss müssen mindestens 50 Prozent der oben genannten Anzahlen von Patientinnen und Patienten behandelt worden sein. Die Mindestbehandlungszahlen können im ersten Jahr der ASV-Berechtigung höchstens um 50 Prozent unterschritten werden
  • Prozessuale Voraussetzungen:
    • Zusammenarbeit mit folgenden Gesundheitsfachdisziplinen und weiteren Einrichtungen:
      • ambulanten Pflegediensten zur häuslichen Krankenpflege (möglichst mit besonderen Kenntnissen in der Pflege onkologischer Patientinnen und Patienten oder der Zusatzqualifikation onkologische Pflege)
      • Einrichtungen der ambulanten und stationären Palliativversorgung
      • Physiotherapie
      • soziale Dienste
  • Infrastrukturelle Voraussetzungen:
    • 24-Stunden-Notfallversorgung (Rufbereitschaft) von einer oder einem der folgenden Ärztinnen oder Ärzte: Innere Medizin und Pneumologie, Innere Medizin und Hämatologie und Onkologie, Thoraxchirurgie. Bei Herztumoren alternativ: Innere Medizin und Kardiologie oder Herzchirurgie
    • Mit der Betreuung beauftragte Pflegefachkräfte besitzen mehrheitlich eine staatlich anerkannte Zusatzqualifikation zur onkologischen Pflege. Sofern die Regelungen einzelner Bundesländer diese Qualifikation nicht vorsehen, ist die entsprechende Erfahrung vorzuweisen.
    • Zur Gewährleistung des Behandlungsauftrages ist jede Patientin und jeder Patient mit einer onkologischen Erkrankung (bei Diagnosestellung vor Einleitung der Primär- oder Rezidivtherapie) in einer interdisziplinären Tumorkonferenz durch ein Mitglied des Kernteams vorzustellen, in die alle an der Behandlung beteiligten Fachdisziplinen, mindestens die Fachdisziplinen des Kernteams, eingebunden sind. Ausnahmen hiervon sind in einer SOP (standard operating procedures) festzulegen. Die Teilnehmer und die Ergebnisse der interdisziplinären Tumorkonferenz sind zu dokumentieren.
    • Der Patientin und dem Patienten ist das Ergebnis der Tumorkonferenz mit allen wesentlichen Aspekten zu Risiken, Nebenwirkungen und zu erwartenden Folgen darzulegen.
    • Die Diagnostik und Behandlungseinleitung erfolgen zeitnah.
    • Eine ausreichende Anzahl von Behandlungsplätzen steht auch für die medikamentösen und transfusionsmedizinischen Behandlungen gegebenenfalls auch für eine Behandlung am Wochenende und an Feiertagen zur Verfügung.
    • Für immundefiziente Patientinnen und Patienten geeignete Behandlungsmöglichkeiten und Räumlichkeiten stehen zur Verfügung.
    • Eine qualitätsgesicherte Zubereitung der zur intravenösen Tumortherapie benötigten Wirkstoffe erfolgt.
    • Eine gegebenenfalls tägliche Zubereitung und Entsorgung der tumorspezifischen intravenösen Therapeutika einschließlich der notwendigen Sicherungsmechanismen zum Ausschluss von Verwechslungen von Zytostatikalösungen oder Blutprodukten werden vorgehalten.
    • Es steht eine Mikrobiologie zur Verfügung.
    • Notfallpläne (SOP) und für Reanimation und sonstige Notfälle benötigte Geräte und Medikamente für typische Notfälle bei der Behandlung von onkologischen Patientinnen und Patienten werden bereitgehalten.
    • Die Möglichkeit einer intensivmedizinischen Behandlung besteht.
    • Stationäre Notfalloperationen sind möglich.
    • Den Patientinnen und Patienten wird industrieunabhängiges, kostenlos erhältliches Informationsmaterial (zum Beispiel Patientenleitlinie der Deutschen Krebshilfe oder, wenn nicht verfügbar, „Blauer Ratgeber“ der Deutschen Krebshilfe, Material der Krebs-Selbsthilfeorganisationen) über ihre Erkrankung und Behandlungsalternativen zur Verfügung gestellt.
    • Es erfolgt eine Registrierung der Patientinnen und Patienten in Krebsregistern entsprechend den Regelungen des jeweiligen Bundeslandes.

Interdisziplinäres Team:

Ein Team der folgenden Zusammensetzung ist Voraussetzung für die ASV-Berechtigung bei Lungen- und Thoraxtumoren:

  • Teamleitung:
    • Innere Medizin und Pneumologie oder
    • Innere Medizin und Hämatologie und Onkologie oder
    • Thoraxchirurgie
  • Kernteam:
    • Innere Medizin und Pneumologie
    • Innere Medizin und Hämatologie und Onkologie
    • Strahlentherapie
    • Thoraxchirurgie
    • Bei Herztumoren zusätzlich: Herzchirurgie, Innere Medizin und Kardiologie

Berechtigt zur Teilnahme sind neben den Fachärztinnen und Fachärzten für Innere Medizin und Hämatologie und Onkologie auch Fachärztinnen und Fachärzte für Innere Medizin mit dem Nachweis der Zusatz-Weiterbildung Medikamentöse Tumortherapie, denen bis zum 31.Dezember 2015 eine entsprechende Zulassung und Genehmigung zur Teilnahme an der Onkologievereinbarung (Anlage 7 Bundesmantelvertrag Ärzte (BMV-Ä)) seitens der zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung erteilt wurde.

  • Hinzuzuziehende Fachärzte:
    • Anästhesiologie
    • Innere Medizin und Angiologie oder Gefäßchirurgie
    • Innere Medizin und Endokrinologie und Diabetologie
    • Innere Medizin und Gastroenterologie
    • Innere Medizin und Kardiologie (sofern nicht im Kernteam vertreten)
    • Laboratoriumsmedizin
    • Neurochirurgie
    • Neurologie
    • Nuklearmedizin
    • Orthopädie und Unfallchirurgie
    • Pathologie
    • Psychiatrie und Psychotherapie oder Psychosomatische Medizin und Psychotherapie oder Psychologische oder Ärztliche Psychotherapeutin oder Psychologischer oder Ärztlicher Psychotherapeut
    • Radiologie
    • Viszeralchirurgie

Eine Fachärztin oder ein Facharzt des interdisziplinären Teams muss über die Zusatzweiterbildung Palliativmedizin verfügen.


Sektorenübergreifende Kooperation:

Bei onkologischen Indikationen ist zusätzlich zum interdisziplinären Team eine Kooperation mit dem jeweils anderen Sektor (ambulant / stationär) notwendig (so genannte „ASV-Kooperation“). Hier gelten die Regelungen aus dem allgemeinen Teil der ASV-Richtlinie.

Mehr zur sektorenübergreifenden Kooperation